11. Mai 2023
Bezieht ein Steuerpflichtiger für eine Tätigkeit in einem Drittstaat steuerfreien Arbeitslohn, sind hiermit im Zusammenhang stehende Vorsorgeaufwendungen (im Streitfall Beiträge zur gesetzlichen Renten- sowie Arbeitslosenversicherung) nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 1 EStG zur Vermeidung einer doppelten steuerlichen Berücksichtigung nicht als Sonderausgaben abziehbar. Das Verfassungsrecht verpflichtet den Gesetzgeber auch dann nicht, hiervon eine Ausnahme zu machen, wenn im Tätigkeitsstaat keine steuerliche Entlastung für die Aufwendungen gewährt wird. Zu diesem Ergebnis ist der BFH in einem aktuellen Urteil gelangt.
§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 1 EStG schließt den Abzug der dort genannten Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben aus, wenn diese in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Durch diese Regelung soll ein ansonsten eintretender doppelter steuerlicher Vorteil vermieden werden.
Im Entscheidungsfall (BFH-Urteil vom 14.12.2022 – X R 25/21) bezog der Kläger Arbeitslohn für eine Tätigkeit, die er teils im Inland und überwiegend in China ausübte. Der auf die Betätigung in China entfallende Anteil des Arbeitslohns war nur dort zu besteuern (Art. 15 Abs. 1 DBA China) und wurde im Inland unter Progressionsvorbehalt steuerfrei gestellt (Art. 23 Abs. 2 Buchst. a und d DBA China i. V. m. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG). Der auf die Auslandstätigkeit entfallende Arbeitslohn wurde nach § 4 Abs. 1 SGB IV i. V. m. Art. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China über Sozialversicherung vom 12.07.2001 (BGBl II 2002 S. 82) in die Beitragsbemessung für die inländische Renten- sowie Arbeitslosenversicherung einbezogen, sodass ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang der Beiträge mit steuerfreien Einnahmen bestand. Damit greift das Abzugsverbot des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 1 EStG.
Die Ausnahmevorschrift in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 2 Buchst. a) ist nur auf steuerfreien Arbeitslohn aus einem EU/EWR-Staat sowie der Schweiz anwendbar; werden die Vorsorgeaufwendungen in einem solchen Beschäftigungsstaat nicht berücksichtigt, sind Sonderausgaben im Inland berücksichtigungsfähig.
Auch verfassungsrechtlich ist ein Sonderausgabenabzug nicht geboten, wie der BFH weiter ausführt.
Zum Volltext des BFH-Urteils vom 14.12.2022 – X R 25/21 gelangen Sie hier.